Der Zahn 46 wurde im Frühjahr 2005 während meiner Studentenzeit aufgrund einer irreversiblen Pulpitis nach dem „Goldstandard“ wurzelbehandelt (Kofferdam, mehrfache Einlage mit Ca(OH)2, Spülung mit NaOCl und CHX etc.). Der Zahn wurde anschließend mittels lateraler Kondensation mit Guttapercha und AH-Plus abgefüllt.
Im Juni 2006 stellte sich die Patientin erneut vor. Der Zahn zeigte eine leichte Perkussionsempfindlichkeit und es konnte eine apikale Ostitis im Röntgen dargestellt werden.
Der Zahn wurde anschließend von einem Kollegen reseziert, der Knochendefekt (Osteolyse) reicht hierbei sehr weit in Richtung Bifurkation. In den folgenden Verlaufskontrollen konnte leider keine knochendichte Ausheilung nachgewiesen werden.
Im Dezember 2007 wurde der bis dahin klinisch unauffällige Zahn wieder perkussionsempfindlich. Im Röntgen imponierte eine deutliche Osteolyse entsprechend einem Rezidiv.
Der Zahn wurde anschließend trepaniert und die alte Wurzelfüllung entfernt. Es konnte dabei bis in den Herd aufbereitet werden.
Nach mehreren medikamentösen Einlagen (1x Ledermix, anschließend 4x CHKM, Probe-WF mit Ca(OH)2) konnte der Zahn Ende Januar 2008 erneut wurzelgefüllt werden (laterale Kondensation mit Guttapercha und Endomethasone N). Zu diesem Zeitpunkt zeigte sich bereits eine deutliche Verknöcherung des Defektes als Zeichen einer Heilung der apikalen Ostitis.
Bei klinischer Beschwerdefreiheit, zeigte sich bereits im August 2008 eine vollständige knochendichte Ausheilung des Defektes.
An diesem Fall kann man sehr gut erkennen, dass die apikale Parodontitis entsprechend einer Infektionskrankheit nach Abtöten der ursächlichen Keime vollständig ausheilt. Durch Behandlung nach dem „Goldstandard“ konnten anscheinend nicht alle Bakterien abgetötet werden, so dass ein Rezidiv unumgänglich war. Auch durch die folgende WSR konnte keine endgültige Heilung erzielt werden. Erst die Revision und gründliche Desinfektion mit CHKM führte zu einer knochendichten Ausheilung der apikalen Ostitis.
Interessant erscheint mir, dass die prognostisch günstigere Diagnose bei der Erstbehandlung (irreversible Pulpitis) im Vergleich zur ungünstigen Ausgangssituation bei der Folgebehandlung (Rezidiv nach WSR, Revisionsbehandlung) anscheinend keinen entscheidenden Einfluss auf den Therapieerfolg hat. Viel wichtiger ist die Anwendung eines indikationsgerechten Therapieprotokolls, welches alle Keime abtötet und somit eine Heilung ermöglicht.